Unser Gehirn jubelt über Texte voller Emotionen und Lebendigkeit.

Im Artikel Spannung aufbauen meiner Serie „Erfolgsfaktor Storytelling“ haben Sie Tipps erhalten, wie Sie Ihre Zielgruppe begeistern. Damit ein Sog entsteht, der in Ihre Story hineinzieht. Und nach der Lektüre jede und jeder weiß, warum Ihre Angebote so nützlich, gut, sinnvoll – oder sogar großartig sind.

Der Inhalt dieses Artikels:

  1. Einen emotionalen Sprachstil etablieren
  2. Kopfkino mit Requisiten und Metaphern

Die Gehirne der Lesenden jubeln lassen

Unser Gehirn streikt bei langweiligen Texten sofort. Ein Text ist langweilig, wenn er aus langen Sätzen besteht, mit Nomen (Hauptwörtern) gespickt ist (der gefürchtete Nominal-Stil, uahhh) und keine Emotionen hervorruft.

Unser Gehirn jubelt hingegen, wenn ein Text … Doch zuvor ein kleiner Exkurs: Es gibt durchaus Anlässe, bei denen es sinnvoll ist, von den nachfolgend genannten Empfehlungen abzuweichen. Vertrauen Sie dafür Ihrem Text-Gespür – oder lesen Sie mein Buch zum Thema: Take off! Erfolgreiches Marketing mit Storytelling.

Aber jetzt: Unser Gehirn jubelt hingegen, wenn ein Text aus kurzen Sätzen besteht (pro Satz eine Information). Denn dann können wir schneller lesen. Auch die – dosiert – eingestreuten Adjektive sind ein Jubel-Faktor, weil sie Emotionen erwecken. Und wer dann auch noch die passenden Verben (Tuwörter) für sein Thema findet, hat die Leser*innen auf seiner oder ihrer Seite. Denn Verben beschreiben klare Handlungen, wir fühlen uns inmitten eines Geschehens – sind voll dabei. Um das sicher zu stellen, sollte möglichst im Präsens (Gegenwartsform) geschrieben werden.

Beispiel: „Ich beginne mit der Arbeit an meinem neuen Shop!“ ist aktiver und somit spannender, als im Rückblick zu schreiben „Also begann ich mit der Arbeit an meinem Shop“. Das liegt deutlich in der Vergangenheit – und lässt unsere Aufmerksamkeit weichen. Weil sich uns die Frage stellt: „Ist das jetzt überhaupt noch relevant für mich?“ Die Formulierung im Präsens vermittelt hingegen das Gefühl, direkt dabei zu sein – yey! Unser Entdeckergeist will die ganz Story erkunden! So entstehen Spannung, Interesse und erwartungsvolle Vorfreude.

Denn, so haben Sie schon in vorherigen Artikeln dieser Reihe erfahren: Unser Gehirn giert nach Geschichten.

In meinem Buch lasse ich Sie die aufeinander folgenden Schreibversuche des Jungunternehmers Max Mader miterleben: Wie er von seiner Materialsammlung ausgehend Schritt für Schritt einen mitreißenden Text formuliert.

Max Mader möchte einen Einladungstext verfassen. Er ist Inhaber eines Möbelhauses. Auszug:

Mystic Bamboo: Schon der Name eines Unternehmens kann eine packende Geschichte erzählen

Einladung, die 1.
Materialsammlung: Was vermittelt werden soll

Wir laden Sie ein zur Vorstellung unserer neuen Einrichtungslinie „Bamboo“ aus Bambus, diesem Rohstoff, der durch Hochwertigkeit besticht, dessen Nutzung traditionell ist, um auf vielfältige Weisen Möbel und allerlei Hausgeräte herzustellen. Vielen ist dieser Rohstoff im Möbelbau noch nicht sehr vertraut, doch in vielen Eigenschaften ist Bambus den Harthölzern ebenbürtig und in seiner Zähigkeit dem Holz sogar überlegen. Entdecken Sie am verkaufsoffenen Sonntag am 12. März unsere ungewöhnlichen Kreationen, die bestimmt auch Ihnen gefallen werden. Besuchen Sie uns!

Dieser Einladung würden Sie wohl eher nicht folgen. Lange Sätze, Redundanzen, für eine Einladung unnötige Informationen und ein uninspirierter Schreibstil lassen keinerlei Emotionen aufkommen.

Das erkennt auch Max. Doch immerhin hat er nun einige Fakten zusammen getragen. Jetzt versucht er, etwas mehr Emotionalität in den Text zu bringen.

Einladung, die 2.
Emotionaler Sprachstil: Interesse wecken

Unsere neue Einrichtungslinie „Bamboo“ wird auch Sie berühren. Bambus ist ein außergewöhnlicher und hochwertiger Rohstoff. In Asien ginge nichts ohne dieses traditionell bewährte Material. Einzigartige Möbel, originelle Küchenhelfer und vieles andere zaubern die Chinesen traditionell daraus. Bei uns entdecken Sie wahrlich überraschende Kreationen. Überzeugen auch Sie sich davon am verkaufsoffenen Sonntag am 12. März. Besuchen Sie uns!

Beste Grüße

Max Mader

Schon lesbarer, ganz okay gemacht, lieber Max. Aber du kannst das noch viel besser! Denn noch befinden wir uns auf dem Boden der klassischen Werbung, in der nicht viel erzählt, dafür viel behauptet wird. Deshalb hat sich Max die Zeit dafür genommen, seine ganz persönliche Story aufzuschreiben.

Währenddessen ist ihm sogar ein Name für seine Möbellinie eingefallen: ‚Mystic Bamboo‘. Wow! Spannend! Das ist schon eine Mikro-Story – perfekt für die Überschrift:

Einladung, die 3.

Mystic Bamboo – der ganze Spirit des Bambus für Sie

Meine Liebe zum Bambus habe ich einem aufwühlenden Streit zu verdanken. Der Knall schallte durch die ganze Firma, als ich das Büro meines Vaters verließ. Gestritten hatten wir, über die Zukunft unserer Möbelproduktion. Ich wollte etwas Neues. Mein Vater befürchtete den Untergang.

Nach Stunden im Zorn stopfte ich mit klopfendem Herzen einige Klamotten in meinen Rucksack. Und vergas natürlich die Hälfte. Ganz schnell weit weg wollte ich – und ganz Neues erleben.

China! Bereits vor Jahren hatte mir eine sehr gute Freundin dazu geraten, eine Winkekatze und eine chinesische Schildkröte auf meinem Schreibtisch zu platzieren. Sie würden mich inspirieren. Was für ein Tipp! …

Weiter geht’s in meinem Buch. Vermutlich erwecken bereits diese ersten Zeilen mehr Interesse in Ihnen als die vorherigen Texte. Möglicherweise besuchen Sie jetzt den verkaufsoffenen Sonntag sogar dann, wenn sie keine neuen Möbel benötigen (Entscheidungskriterium: Handlungsnotwendigkeit) oder kein Geld ausgeben möchten (Entscheidungskriterium: vorhandenes Budget). Sie schauen einfach mal vorbei, weil Sie denken: „Hey, der Mann hat etwas erlebt. Es interessiert mich, zu erfahren, was er daraus gemacht hat!“ Und vielleicht nehmen Sie sogar noch jemanden mit …

Mit Requisiten und Metaphern lösen Sie lebendiges Kopfkino aus

Kopfkino mit Requisiten und Metaphern

In meinem Buch lesen Sie auch, wie Sie stummen Schreibtisch-Requisiten die Rolle von antreibenden Protagonisten verleihen können. Max Mader bietet Ihnen mit Winkekatze und chinesischer Weisheits-Schildkröte zuerst einen Einblick in sein Büro und seine Haltung gegenüber diesen Symbolen. Dann beginnen die beiden zu sprechen und werden letztlich nicht nur Initiatoren der Reise, sondern auch seine Reiseführer. Dadurch entsteht Kopfkino. Und genau das ist es ja, was wir erreichen wollen.

Erinnern Sie sich: Was hat Ihnen Ihr Bleistiftanspitzer erzählt? Der Lüfter Ihres Notebooks zugeflüstert? Die Neonröhre eingesummt? Die Kaffeemaschine vorgeplärrt?

Oder mutierten vor Ihren Augen während eines langweiligen Meetings Ihre Kollegen zu Hand-Puppen aus der Muppets-Show? Und Sie dachten plötzlich an Ihre große Leidenschaft Puppenspiel und wussten plötzlich, dass Sie kündigen müssen, um ein Puppentheater zu eröffnen – in dem weitaus bessere Geschichten als in diesem Konfi erzählt werden…

Oder Sie fühlen sich durch ständige Ihnen willkürlich erscheinende Umstrukturierungen durch Ihren Arbeitgeber wie eine Laborratte, fassen eines Tages einen Entschluss – und beißen sich fortan während des Schreibens Ihres Business-Plans langsam aber stetig durch die Gitter Ihres Käfigs.

Oder beschreiben Sie, wie Sie gleich einem U-Boot erst vor den neugierigen Blicken Ihrer Wettbewerber abgetaucht sind, diese jedoch mittels dem regelmäßig ausgefahrenen Sehrohr fest im Blick behielten, unter Wasser stetig Ihr Produkt weiterentwickelten – um schließlich weit vor Ihren Wettbewerbern wieder aufzutauchen und alle mit Ihrem Produkt zu überraschen. So beweisen Sie mit einem eingängigen Bild Ihren Mut, Ihre Ausgefuchstheit, Ausdauer, Know-how – und sind ganz einfach sympathisch.

Und wenn es der Durst Ihres Herzens war, der Sie zu all Ihrem Engagement veranlasste, dann erzählen Sie bitte davon. Denn diese Geschichte, geboren aus temperamentvollem Sehnen: genau die wollen wir alle erfahren!

Sobald dank einer Metapher eine Bühne entsteht, wird Informationsvermittlung zu einem lebendigen szenischen Spiel. Suchen Sie daher unbedingt nach den für Sie passenden Bildern.

Vielleicht ist Ihnen gerade der perfekte Einstieg für Ihre Story eingefallen?!!

Texte schreiben, die wirklich gelesen – und verstanden werden

Im nächsten Artikel „7. Erfolgsfaktor Storytelling: So wird Ihr Text gelesen“ erhalten Sie Tipps dafür, wie Sie Energie durch Ihren Text hindurchfließen lassen. Dafür betrachten wir, welche Ansprüche heutzutage an einen Text gestellt sind. Und wie Ihre Story in einem Umfeld überlebensfähig wird, in dem hart um das Interesse der Adressaten gekämpft wird.